Sollte sich im Land der Alternativlosigkeit so etwas wie neue Hoffnung zeigen? Es fällt auf, dass in teilen der selbsternannten Qualitätspresse in den letzten Wochen immer häufiger Tatsachen berichtet werden, über die man bis dato nur in unabhängigen Blogs sprechen durfte. Jetzt gibt zum Beispiel die WELT zu, was wir schon lange wissen: Die Empirie hat längst bewiesen, dass alle sozialpädagogischen Hypothesen zur Resozialisierung gewalttätiger Jungverbrecher falsch sind. Wie in den USA bereits vor Jahren mit großem Erfolg und unter Geschrei deutscher Besserwisser vollzogen, hilft nur eins tatsächlich: No tolerance.
Die WELT berichtet:
Am 13. Mai beginnt in Berlin der Prozess gegen fünf junge Männer mit ausländischen Wurzeln, denen zur Last gelegt wird, Jonny K., einen 20-jährigen jungen Mann, Sohn einer Thailänderin und eines Deutschen, zu Tode geprügelt zu haben.Das Verbrechen löste bundesweit Entsetzen aus, weil es zeigt, wie wenig enthemmten Schlägern ein Menschenleben wert ist. Das Gedenkzelt, das von Freunden des Opfers am Tatort errichtet worden ist, birgt auch noch ein halbes Jahr nach der Tat bewegende Zeichen der Trauer und der Anteilnahme.
In der Öffentlichkeit ist seitdem viel über Jugendgewalt diskutiert worden. Experten gaben gut gemeinte Ratschläge, wie dem Problem beizukommen sei. Kriminologen vergaßen nicht, darauf hinzuweisen, dass die objektiven Zahlen jugendlicher Gewalt rückläufig seien, von 2010 bis 2011 hätte die Zahl der Fälle von 4000 auf 3200 abgenommen.
Dieser statistische Wert kann indes wenig trösten. Hinter jeder Gewalttat verbirgt sich ein Schicksal, leidet ein Opfer oft lebenslang unter körperlichen Schäden oder seelischen Traumata.
“Null Toleranz für Gewalt” in der Schule
Wenn man die Jugendgewalt eindämmen will, muss man über die Schule nachdenken. Denn alle Intensivtäter – im Polizeijargon Jugendliche mit zehn Straftaten – waren schon während ihrer Schulzeit auffällig. In den 90er-Jahren nahm die Gewalt an Schulen so stark zu, dass sich die Kultusminister veranlasst sahen, eine Meldepflicht für Gewaltdelikte einzuführen.
Seitdem hält sich die Schülergewalt vor allem in unseren Großstädten auf hohem Niveau. In Berlin ist die Zahl der Gewalttaten unter Schülern im letzten Schuljahr sogar wieder gestiegen: von 2068 auf 2457 Delikte. Darunter finden sich alle Arten: Nötigung, Erpressung, Tätlichkeit, Raub und schwere Körperverletzung. Oft wurde dabei auch Schulpersonal angegriffen, 55 Mal wurden Waffen sichergestellt.
Die Erfahrung an den betroffenen Schulen zeigt, dass man die Schülergewalt nur eindämmen kann, wenn man mit äußerster Konsequenz dagegen vorgeht. Ausgangspunkt muss die Losung sein: “Null Toleranz für Gewalt”.
Da verbale Gewalt oft in tatsächliche mündet, gilt das Tabu auch für die verbale Herabwürdigung anderer Schüler, für Beleidigungen, die sich an der Herkunft, der Religion, der Hautfarbe, der Kleidung oder dem Musikstil der Mitschüler entzünden. In einem Anti-Mobbing-Training üben die Schüler den toleranten Umgang mit “Andersartigkeit”.
Konsequente pädagogische Maßnahmen
Als erzieherische Maßnahmen haben sich der Täter-Opfer-Ausgleich und vor allem die Entschuldigung des Täters beim Opfer im Beisein der Eltern als besonders wirkungsvoll erwiesen. Wenn ein arabischer Junge gezwungen ist, die Eltern des Mädchens aufzusuchen, das er in der Schule als “scheiß-deutsche Schlampe” bezeichnet hat, wirkt das wahre Wunder.
Wenn ein deutscher Schüler eine türkische Familie aufsuchen und sich dafür entschuldigen muss, dass er ihrer Tochter das Kopftuch heruntergerissen hat, ist das für ihn eine heilsame Erfahrung. Nähe zum Opfer, Einblick in dessen Lebensumstände und Gefühle sind dazu angetan, selbst verhärtetes Denken aufzubrechen.
In der Schule gilt bei Mobbing die Regel, dass der Täter die Gemeinschaft verlassen muss, aus der er das Opfer hat ausschließen wollen. Die Umsetzung in eine andere Klasse zeigt dem Täter, dass er mit seinem Ausgrenzungsversuch das Gegenteil bewirkt hat: Er selbst wird ausgeschlossen.
Im klassischen Altertum galt die Verbannung aus der Gemeinschaft als probates Mittel der Konfliktlösung. Wer weg ist, kann keinen Schaden mehr anrichten. Wenn man den Brandstiftern, die in Berlin und Hamburg seit Jahren nachts Autos anzünden, signalisieren könnte, dass sie das Recht, in dieser Stadt zu wohnen, verwirkt haben, könnte sie das vermutlich zur Umkehr veranlassen.
Mittel außerhalb der Schule
Der Weg der konsequenten Ächtung von Gewalt, den die Schulen eingeschlagen haben, sollte auch außerhalb der Schule Anwendung finden. Vor allem bei den jugendlichen Schlägern, bei denen die erzieherischen Mittel des Jugendstrafrechts nichts gefruchtet haben. Sie sind so gefährlich, dass man die Gesellschaft vor ihnen schützen muss.
Aus dem Hooligan-Milieu kennt man das polizeiliche Mittel der Gefährder-Ansprache. Vor wichtigen Fußballspielen bekommen vormalige Straftäter einen Hausbesuch von einem Kriminalbeamten, der sie darauf hinweist, dass sie den ganzen Tag über unter Beobachtung stehen. Ein verschärftes Mittel ist die richterliche Verfügung, bestimmte Bereiche nicht mehr betreten zu dürfen: das Stadion, die Stammkneipe, eine Diskothek, eine Spielhalle.
In England hat die Labour-Partei vor Jahren durchgesetzt, dass Eltern mit 1000 Pfund bestraft werden können, wenn sie ihre Söhne, die durch Gewaltexzesse unter Alkoholeinfluss aufgefallen sind, nach 21 Uhr noch aus dem Haus lassen. Wäre ein solches In-die-Pflicht-Nehmen der Eltern bei uns denkbar?
Warnschuss-Arrest als Stopp-Signal
Mir hat ein türkischer Jugendlicher zu denken gegeben, der in einer Talkshow erzählte, dass ihn nur der Warnschuss-Arrest aus seiner kriminellen Karriere herausgerissen hat. Als er nach dem fünften Drogendelikt für ein Wochenende in den Knast wanderte, begann die innere Einkehr und die Umkehr.
Bei Jugendlichen, die die persönliche Freiheit als grenzenlos interpretieren, ist die zeitweilige Freiheitsberaubung anscheinend ein wichtiges Stopp-Signal. Warum wollen “einfühlsame” Psychologen, die diesen Arrest zum Teufelszeug erklären, klüger sein als die Jugendlichen selbst, die uns vom Erfolg dieser Maßnahme erzählen?
Wir müssen wieder lernen, konsequent von den Opfern her zu denken. Sollten nicht das Leben und die körperliche Unversehrtheit potenzieller Opfer höher zu bewerten sein als die Bewegungsfreiheit eines jungen Mannes, der seine Aggressionen nicht im Griff hat?
Bei Straftätern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sollte künftig grundsätzlich das Erwachsenenstrafrecht angewandt werden. Es ist nicht einzusehen, dass junge Männer, die in der Bundeswehr dem Vaterland dienen, ein Geschäft gründen und ein Auto steuern dürfen, ausgerechnet dann ihre Kindlichkeit entdecken, wenn sie für eine Straftat geradestehen müssen.
Quelle : quotenqueen